Zusammenfassung
Bei der Syringomyelie, die häufiger Männer um das 30. Lebensjahr betrifft, kommt es aufgrund einer Liquorabflussstörung zur Ausbildung einer Höhle im Rückenmark, die benachbarte Nervenbahnen, meist auf Höhe des Zervikal- und oberen Thorakalmarks, komprimiert und dauerhaft schädigt. Dies führt anfänglich zum Bild einer dissoziierten Empfindungsstörung mit schlaff-atrophischen und spastischen Paresen. Die sichere Diagnosestellung erfolgt per MRT und eine kurative Therapie ist nur per Shunteinlage möglich.
Epidemiologie
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Ursache ist immer eine Liquorzirkulationsstörung, die zur Ausbildung einer zentralen Höhle im Rückenmark führt.
Primär
-  Hydromyelie 
- Durch embryonale Entwicklungsstörungen, die den Liquorabfluss behindern (z.B. Tiefstand der Kleinhirntonsillen - sog. Chiari-Malformation), kommt es zu einer Erweiterung des Zentralkanals
 - Häufig assoziiert mit Hydrozephalus und Spina bifida
 
 
Sekundär
- Tumorös-verdrängendes Wachstum
 - Entzündungen (z.B. Arachnoiditis)
 - Posttraumatisch
 
Pathophysiologie
Die Syrinx (griech. für „Rohr“, „Flöte“, bezeichnet eine Höhle im Rückenmark) drückt auf die umgebenden Nervenbahnen im Rückenmark (meist zunächst Tractus spinothalamicus lateralis), was zu schwerem, dauerhaftem Schaden führen kann. Dabei ist die Syrinx meistens im Zervikal- und oberen Thorakalmark, teilweise bis in die Medulla oblongata (=Syringobulbie) hinein, lokalisiert. Das Beschwerdebild ist durch die Lokalisation der Syrinx allein nicht immer zu erklären, da Nebenhöhlen durch Flüssigkeitseinbruch ins Parenchym gebildet werden können.
Durch eine Störung des Liquorflusses am kraniozervikalen Übergang kann es bei einer Chiari-Malformation zum Hydrozephalus kommen.
Symptomatik
- Prodromi: Nicht selten Ausbildung einer Kyphoskoliose Jahre vor der neurologischen Symptomatik
 -  Typisch 
- Aufgehobenes Schmerz- und Temperaturempfinden in Schultern und Armen
 - Fluktuierende, radikuläre Schmerzen in Schultern und Armen
 - Auftreten der Klinik häufig bei intramedullärer Druckerhöhung
 
 -  Im Verlauf 
- Schlaffe atrophische Paresen begleitet von Faszikulationen und Areflexie von Hand und Unterarm
 - Bei Ausbreitung der Syrinx: Spastische Paresen der unteren Extremität
 - Vegetative Störungen: Wechselseitiges Hornersyndrom, Anhidrose, Blasen- und Mastdarmstörungen, erektile Dysfunktion
 
 
Diagnostik
- MRT: Darstellung der Syrinx
 - Röntgen der Wirbelsäule: Frage nach Kyphoskoliose
 
Differenzialdiagnosen
- Zervikaler Bandscheibenprolaps
 - Amyotrophe Lateralsklerose
 - Multiple Sklerose
 - Andere inkomplette Querschnittsyndrome
 
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Kurativ
- Nur bei rascher Symptomprogredienz: Mikrochirurgische Shunteinlage 
- Ableitung v.a. in den Peritonealraum (ventrikulo-peritonealer Shunt)
 - Siehe auch Hydrozephalus
 
 
Symptomatisch
- Physiotherapie
 - Spastik: Baclofen
 - Schmerzen: Gabapentin, Carbamazepin, Amitriptylin
 
Komplikationen
Komplikationen der Shuntanlage
- Unterdrainage → Steigerung des Hirndrucks
 - Überdrainage  
- Klinik: Siehe Liquorunterdrucksyndrom
 - Besonderheit: Schlitz-Ventrikel-Syndrom 
- Pathophysiologie: die Ventrikelwände geraten aufgrund des Sogs in den Katheterschlitz und verschließen diesen dauerhaft → Steigerung des Hirndrucks
 
 
 - 
Shuntinfektion 
- Epidemiologie: ca. 5% aller Shunts infizieren sich
 - Pathophysiologie: Biofilmbildung und Einnistung von Bakterien (z.B. Staphylococcus epidermidis)
 - Therapie: Shuntexplantation
 
 
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
-  G95.-: Sonstige Krankheiten des Rückenmarkes 
- G95.0: Syringomyelie und Syringobulbie
 
 -  M49.-*: Spondylopathien bei anderenorts klassifizierten Krankheiten 
-  M49.4-*: Neuropathische Spondylopathie 
- Neuropathische Spondylopathie bei: Syringomyelie und Syringobulbie (G95.0†), Tabes dorsalis (A52.1†)
 - Je nach Beteiligungsort: 
- M94.40: Mehrere Lokalisationen der Wirbelsäule
 - M94.41: Okzipito-Atlanto-Axialbereich
 - M94.42: Zervikalbereich
 - M94.43: Zervikothorakalbereich
 - M94.44: Thorakalbereich
 - M94.45: Thorakolumbalbereich
 - M94.46: Lumbalbereich
 - M94.47: Lumbosakralbereich
 - M94.48: Sakral- und Sakrokokzygealbereich
 - M94.49: Nicht näher bezeichnete Lokalisation
 
 
 
 -  M49.4-*: Neuropathische Spondylopathie 
 -  G60.-: Hereditäre und idiopathische Neuropathie 
- G60.8: Sonstige hereditäre und idiopathische Neuropathien
 
 
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.