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Nackenschmerzen

Letzte Aktualisierung: 16.12.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Nackenschmerzen gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen in der Primärversorgung und sind von hoher sozioökonomischer Relevanz. Parallel bestehen oftmals Rückenschmerzen. Die Ursache ist zumeist harmlos (bspw. durch Fehlbelastungen), jedoch können diverse spezifische, teilweise schwerwiegende Differenzialdiagnosen (bspw. Bandscheibenprolaps, Infektionen, Frakturen, maligne Erkrankungen) zugrunde liegen und erfordern eine weiterführende Diagnostik. Auch bei nicht-spezifischen Nackenschmerzen können gleichzeitig degenerative Veränderungen der HWS oder eine Nervenwurzelreizung vorliegen.

Die Diagnostik basiert auf einer gründlichen Anamnese (unter Beachtung von Risikofaktoren für eine Chronifizierung) und körperlichen Untersuchung, insb. um spezifische Ursachen und Warnhinweise (Red Flags) auszuschließen. Liegen diese nicht vor, ist eine bildgebende Diagnostik initial nicht indiziert und sollte i.d.R. erst bei einer Beschwerdepersistenz von >4–6 Wochen erfolgen.

Therapeutisch steht die Aufklärung und Förderung von körperlicher Aktivität im Vordergrund; NSAR können kurzzeitig bei akuten Schmerzen eingesetzt werden. Bei chronischen Beschwerden sind außerdem Weichteilbehandlungen, Akupunktur oder kognitive Verhaltenstherapie zu erwägen.

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Terminologietoggle arrow icon

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Prävalenz
  • Geschlechterverhältnis: >
  • Altersverteilung
    • Altersgipfel: 45–54 Jahre [4]
    • Mit steigendem Alter: Zunahme der Häufigkeit von Schmerzepisoden
  • Sozioökonomische Bedeutung
    • 3. häufigster Beratungsanlass in hausärztlichen Praxen [5]
    • YLD (2010): 33,6 Mio. weltweit [6]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Funktionelle Anatomietoggle arrow icon

Wirbelsäule

Muskulatur der Hals-Nacken-Region (Auswahl)

Oberflächliche Muskulatur

Tiefe Muskulatur

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Einteilungtoggle arrow icon

Nach Ätiologie

Bei <1% der Fälle von Nackenschmerzen liegt ein abwendbar gefährlicher Verlauf vor (bspw. Malignome, infektiöse Erkrankungen, Blutungen, Gefäßverletzungen)! In den meisten Fällen lässt sich jedoch keine Ursache finden. [5]

Nach Schmerzausstrahlung

Nach Dauer

  • Akut: 0–3 Wochen
  • Subakut: 4–12 Wochen
  • Chronisch: >12 Wochen
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Klassifikationtoggle arrow icon

Klassifikation von Nackenschmerzen der „Task Force on Neck Pain and Its Associated Disorders“ [7]
Grad Symptomatik
1
  • Keine Hinweise für oder Beschwerden durch eine relevante, strukturelle pathologische Veränderung
  • Und/oder keine relevante Auswirkung auf Aktivitäten des täglichen Lebens
2
3
  • Keine Hinweise für oder Beschwerden durch eine relevante, strukturelle pathologische Veränderung
  • Vorliegen von neurologischen Symptomen (bspw. Hyporeflexie, muskuläre Schwäche und/oder Sensibilitätsstörungen)
4
  • Hinweise für oder Beschwerden durch eine relevante, strukturelle pathologische Veränderung (bspw. Frakturen, Malignome, Myelopathie)
  • Oder zugrunde liegende Systemerkrankung
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Diagnostiktoggle arrow icon

Ziele [5]

Bei neu aufgetretenen Nackenschmerzen sollte immer eine Anamnese und körperliche Untersuchung durchgeführt werden. Sofern kein Anhalt für Red Flags bei Nackenschmerzen, abwendbar gefährliche Verläufe oder eine spezifische Ursache besteht, ist eine weitere Diagnostik zunächst nicht erforderlich!

Basisdiagnostik [5][8]

Anamnese

  • Schmerzanamnese
    • Beginn und Auslöser
    • Charakter und Intensität
    • Verlauf
    • Lokalisation und ggf. Ausstrahlung in den Arm bis in die Finger
    • Bewegungsabhängigkeit/-einschränkung
    • Bereits erfolgte Maßnahmen und deren Wirkung
    • Ähnliche Episoden in der Vorgeschichte
    • Hinweise auf übertragenen Schmerz?
  • Weitere Symptome: Insb.
  • Vorerkrankungen: Insb. Tumorerkrankungen, Osteoporose, Infekte, Autoimmunerkrankungen, immunsupprimierende Erkrankungen, kardiovaskuläre Erkrankungen, Nierenfunktionseinschränkungen
  • Medikamentenanamnese: Bspw. Glucocorticoide oder andere Immunsuppressiva, Antikoagulanzien , Psychopharmaka, Schmerzmedikamente
  • Psychosoziale Situation [4]
    • Berufliche und private Belastungen (Stress)
    • Hinweise auf Depressivität, Ängste
  • Allgemeine körperliche Aktivität: Körperliche Belastungen im Alltag , Sport

Bereits bei Erstkontakt sollte eine psychosoziale Anamnese erhoben werden, um Risikofaktoren für eine Chronifizierung von Nackenschmerzen frühzeitig zu erkennen!

Fokussierte körperliche Untersuchung

Red Flags bei Nackenschmerzen [9][10][11]

Erweiterte Diagnostik [5]

Laboruntersuchungen

  • Indikation: Insb. V.a. entzündliche oder neoplastische Ursache
  • Parameter: Abhängig von der Verdachtsdiagnose, bspw. kleines Blutbild, CRP

Bildgebung

  • Indikation
    • Beschwerden ≥4–6 Wochen trotz adäquater Therapie bei V.a. strukturelle Ursache
    • Ggf. auch bei Beschwerden <4 Wochen: Bei erheblicher Zunahme der Schmerzen oder neurologischen Symptomen
  • Verfahren
    • MRT
    • CT
    • Konventionelle Röntgendiagnostik
      • Typische Indikation: Verdacht auf degenerative Wirbelsäulenerkrankungen, ggf. bei Trauma
      • Durchführung: In zwei Ebenen, ggf. Spezialaufnahmen

Bei Vorliegen von Red Flags oder Hinweisen auf einen abwendbar gefährlichen Verlauf muss die Diagnostik in Abhängigkeit von der Verdachtsdiagnose erweitert und angepasst werden!

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Potenziell lebensbedrohliche Ursachen

Potenziell lebensbedrohliche Ursachen für Nackenschmerzen (Auswahl)
Erkrankung Weitere diagnostische Hinweise Weiteres Vorgehen
Fraktur (traumatisch, osteoporotisch, tumorbedingt)
  • Ggf. passendes Trauma
  • Druck- oder Klopfschmerz über der HWS
  • Bewegungsschmerz/-einschränkung (schmerzbedingt)
  • Schmerzausstrahlung
  • Radikuläre, ggf. medulläre Symptomatik
Meningitis
Spondylodiszitis
Vertebralisdissektion/Karotisdissektion
Maligne Erkrankungen [10]
  • B-Symptomatik
  • Ggf. neurologische Symptome
  • Symptomatik der Grunderkrankung
  • Nächtlicher Schmerz [10]
Zervikale Myelopathie , Rückenmarksverletzungen
  • Abhängig vom Ort der Schädigung, z.B. Querschnittssymptomatik, Störung von Sensibilität und/oder Feinmotorik

Weitere Ursachen

Weitere Ursachen für Nackenschmerzen (Auswahl) [4]
Erkrankung Weitere diagnostische Hinweise Weiteres Vorgehen
Myofasziale Dysfunktion
  • Ggf. mit Schmerzausstrahlung und Sensibilitätsstörung [8]
  • Schmerzzunahme bei Belastung
  • Bewegungs- und Funktionseinschränkung
  • Ggf. vorbestehende CMD, Schulterpathologien
Degenerative Wirbelsäulenerkrankungen
HWS-Distorsion
  • Passende Anamnese
  • Initial oft schmerzfreies Intervall
  • Schmerzbedingte Fehlstellungen, Steifigkeitsgefühl, Verspannungen
  • Neurologische und Allgemeinsymptome möglich
Herpes zoster
Rheumatoide Arthritis
Polymyalgia rheumatica
Fibromyalgiesyndrom [4]
  • Labordiagnostik , Screening auf psychische Komorbiditäten
  • Siehe auch: Diagnostik des Fibromyalgiesyndroms

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapie nicht-spezifischer Nackenschmerzentoggle arrow icon

Allgemeines und Ziele

  • Ziele
    • Schmerzreduktion
    • Verbesserung der Funktion und Lebensqualität
    • Verhinderung einer Chronifizierung
    • Unterstützung der Selbstwirksamkeit
  • Vorgehen

Nicht-medikamentöse Therapie

Empfehlungen der DEGAM zu nicht-medikamentösen Therapiemaßnahmen bei nicht-spezifischen Nackenschmerzen [5]

Behandlungsoption Empfehlungsgrad, ggf. empfohlene Maßnahmen
Psychoedukation
  • [12][13]
Körperliche Aktivität
  • ↑↑
Wärme-/Kältetherapie (Selbstanwendung)
Entspannungstechniken
  • ↔︎
Digitale Gesundheitsanwendungen / Apps für das Selbstmanagement
  • ↔︎
Manuelle Therapie
  • ↔︎
Bewegungstherapie
  • Akute Beschwerden: ↔︎
  • Chronische Beschwerden: ↑↑
Weichteilbehandlungen (z.B. Massage, Faszienbehandlung)
  • Akute Beschwerden: ↓
  • Chronische Beschwerden: ↔︎ [14]
Akupunktur
  • Akute Beschwerden: ↓
  • Chronische Beschwerden: ↔︎
Kognitive Verhaltenstherapie
  • ↔︎ (Nur bei chronischen Beschwerden)
Nicht-empfohlene Maßnahmen
Ruhigstellung
Kinesio-Taping
Mechanische Traktion
Lasertherapie, Elektrotherapie, Ultraschall (inkl. Stoßwelle), Bäder, Fango, Rotlicht, Kryotherapie

↑↑ = Starke Empfehlung („soll“)

↑ = Empfehlung („sollte“)

↔︎ = Offene Empfehlung („kann erwogen/verzichtet werden“)

↓ = Nicht empfohlen („sollte nicht“)

Medikamentöse Therapie

Allgemeines

  • Grundsätze
    • Medikamente immer nur unterstützend zu weiteren Therapiemaßnahmen
    • Festlegung eines Therapieziels
    • Niedrigst wirksame Dosis verwenden, stufenweise aufdosieren
    • Bei fehlender Wirkung oder relevanten Nebenwirkungen Medikation konsequent beenden
    • Bei akuten Nackenschmerzen zügiges Absetzen nach Besserung der Symptomatik
    • Auswahl der Medikation nach individuellen Faktoren
  • Empfohlenes Vorgehen bei medikamentöser Therapie

Bei Risikofaktoren für gastrointestinale Komplikationen sollten NSAR mit einem PPI kombiniert werden, bspw. Pantoprazol oder Omeprazol !

Medikamente

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Präventiontoggle arrow icon

  • Regelmäßige Bewegung / sportliche Aktivität, insb. [15][16][17]
  • Maßnahmen am Arbeitsplatz, bspw.
    • Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung
    • Schulungen/Programme, insb. für besonders gefährdete Berufsgruppen

Unter Tipps & Links finden sich verschiedene Übungsprogramme zur Prävention und Behandlung von Nackenschmerzen!

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • M53.-: Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens, anderenorts nicht klassifiziert
  • M54.-: Rückenschmerzen
  • M79.-: Sonstige Krankheiten des Weichteilgewebes, anderenorts nicht klassifiziert
    • Exklusiv: Psychogene Schmerzen im Weichteilgewebe (F45.40)
    • M79.18: Myalgie, Region Hals
    • M79.28: Neuralgie und Neuritis, nicht näher bezeichnet, Region Hals
      • Exklusiv: Ischialgie (M54.3-M54.4), Mononeuropathien (G56-G58), Radikulitis: brachial o.n.A. (M54.1‑), lumbosakral o.n.A. (M54.17), o.n.A. (M54.19)
    • M79.88: Sonstige näher bezeichnete Krankheiten des Weichteilgewebes, Region Hals
    • M79.98: Krankheit des Weichteilgewebes, nicht näher bezeichnet, Region Hals
  • M99.-: Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert
    • Hinweis: Diese Kategorie sollte nicht zur Verschlüsselung benutzt werden, wenn der Krankheitszustand anderenorts klassifiziert werden kann.
    • M99.0-: Segmentale und somatische Funktionsstörungen
      • M99.0: Kopfbereich (okzipitozervikal)
      • M99.1: Zervikalbereich (zervikothorakal)
    • M99.8-: Sonstige biomechanische Funktionsstörungen
      • M99.80: Kopfbereich (okzipitozervikal)
      • M99.81: Zervikalbereich (zervikothorakal)
    • M99.9-: Biomechanische Funktionsstörung, nicht näher bezeichnet
      • M99.90: Kopfbereich (okzipitozervikal)
      • M99.91: Zervikalbereich (zervikothorakal)

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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Patienteninformationentoggle arrow icon

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