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Ambulant erworbene Pneumonie

Letzte Aktualisierung: 3.11.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die ambulant erworbene Pneumonie (engl. „community-acquired pneumonia“, CAP) ist eine infektiöse Erkrankung des Lungenparenchyms, die außerhalb des Krankenhauses erworben und i.d.R. durch Bakterien und/oder respiratorische Viren verursacht wird. Sie ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten, insb. bei älteren, vorerkrankten Personen. Die Abgrenzung zur nosokomialen Pneumonie und Pneumonie unter Immunsuppression ist wichtig, da die Formen mit unterschiedlichen Erregerspektren einhergehen und folglich andere therapeutische Ansätze erfordern.

Typische klinische Befunde sind Husten, Dyspnoe, Thoraxschmerzen, Abgeschlagenheit und Fieber sowie Rasselgeräusche und Klopfschall über den entzündeten Lungenarealen. Bei älteren oder immunsupprimierten Personen können die Symptome abgeschwächt oder unspezifisch sein. Die Diagnose wird durch den Nachweis eines neuen Infiltrats in der Thoraxbildgebung (i.d.R. Röntgen-Thorax) gestellt. Diagnostisch erfolgen außerdem häufig eine mikrobiologische Untersuchung zum Erregernachweis sowie die laborchemische Bestimmung von Entzündungsparametern und Biomarkern der Organdysfunktion.

Die Patient:innen werden nach funktionellem Status und Schweregrad stratifiziert und entweder ambulant oder stationär behandelt. Die initiale Antibiotikatherapie richtet sich nach dem Schweregrad und wird bei Erregernachweis gezielt angepasst. Sie dauert meist 5–7 Tage und sollte bei initial parenteraler Gabe im Verlauf oralisiert werden. Schwere Verläufe oder Komplikationen wie septischer Schock erfordern eine intensivmedizinische Behandlung.

Die vollständige Ausheilung kann je nach Alter, Komorbiditäten und Schweregrad Wochen bis Monate dauern oder z.T. sogar ausbleiben. Bis zu ¼ der Erkrankten verstirbt innerhalb der ersten 30 Tage nach Infektion.

Siehe auch: Pneumonie, nosokomiale Pneumonie, Pneumonie im Kindes- und Jugendalter.

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Definitiontoggle arrow icon

Die Pneumonie unter Immunsuppression kann nosokomial oder ambulant erworben sein!

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Epidemiologietoggle arrow icon

Die ambulant erworbene Pneumonie führt unter den Infektionskrankheiten am häufigsten zur stationären Aufnahme!

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Risikofaktoren der CAP[5][7]

Viele Risikofaktoren begünstigen eine Pneumonie, indem sie die pulmonalen Schutzmechanismen beeinträchtigen!

Risikofaktoren für CAP mit multiresistenten Erregern [5][8][9]

MRE sind bei der CAP sehr selten (<1%)!

Erregerspektrum

Aufgrund des mittlerweile routinemäßigen Einsatzes molekulargenetischer Testverfahren können viral bedingte Pneumonien besser diagnostiziert werden. Auch virale und bakterielle Koinfektionen sind möglich! [5][6]

Pneumonie unter Immunsuppression [12][13][14]

Die Pneumonie unter Immunsuppression weist neben den typischen CAP-Erregern ein deutlich erweitertes Spektrum um opportunistische Erreger auf!

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Symptomatiktoggle arrow icon

Die klassischen Symptome der Pneumonie sind Husten (mit Auswurf), Dyspnoe, Thoraxschmerzen, Abgeschlagenheit und Fieber. Bei älteren und immunsupprimierten Personen sind diese Symptome häufig weniger stark ausgeprägt!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Allgemeines Vorgehen

Die Diagnose CAP wird durch ein neu aufgetretenes Infiltrat in einer Thoraxbildgebung gesichert! In der ambulanten Praxis kann im Einzelfall auch auf eine Thoraxbildgebung verzichtet und ein Vorgehen anhand von Entzündungsparametern erwogen werden!

Sepsiszeichen sollten bei V.a. CAP immer evaluiert werden!

Klinische Diagnostik

Eine genaue Anamnese hilft durch die Einschätzung von Erregerspektrum und Risiko für schwere Verläufe bei der Auswahl einer geeigneten kalkulierten Antibiotikatherapie!

Der klinische Gesamteindruck ist aussagekräftiger als isolierte Symptome oder Befunde. Bei unauffälligem Befund (inkl. Vitalzeichen) ist eine Pneumonie unwahrscheinlich! [16]

Bei kardialen Risikofaktoren oder Komorbiditäten sollte bei stationärer Aufnahme ein Ruhe-EKG erhoben werden!

Anamnestische Hinweise auf ausgewählte Pneumonieerreger

CAP - Hinweise auf ausgewählte Erreger [1][5]
Erreger

Hinweise

Streptococcus pneumoniae
Enterobacterales
MSSA

MRSA

  • Vorangegangene MRSA-Infektion oder -Kolonisierung
  • Wohnen in einer Pflegeeinrichtung
  • Krankenhausaufenthalte innerhalb der letzten 90 Tage
Pseudomonas aeruginosa
Legionellen
  • Rauchen, COPD
  • Immunsuppression
  • Reisen in Epidemiegebiete
  • Aufenthalt in Gesundheitseinrichtung
  • Nähe zu Verdunstungskühlanlagen oder Saunen/Thermen

Mycoplasma pneumoniae

  • Junges Lebensalter
  • Ambulante Patient:innen
  • Epidemiologische Situation, ggf. Ausbrüche
Respiratorische Viren
  • Epidemiologische Situation (Saison, Epidemie, Pandemie)
  • Kontakt zu Infizierten

Seltene Erreger

Chlamydophila psittaci

  • Tierkontakte (Papageien, Tauben, Sittiche)

Coxiella burnetii

  • Epidemiologische Situation
  • Tierkontakte (Schafe)

Burkholderia pseudomallei

  • Aufenthalt in Südostasien

Coccidioides immitis

  • Aufenthalt in trockenen Regionen der südlichen USA, Mittel-/Südamerika

Histoplasma capsulatum

  • Aufenthalt in bestimmten USA-Regionen (Ohio, nahe der Flüsse Mississippi, Missouri und St. Lawrence River) und Mittelamerika

Cryptococcus neoformans

  • Aufenthalt auf Vancouver Island (Endemiegebiet), nordwestliche USA, Australien, Südamerika, China

Bildgebung

Die Diagnose Pneumonie wird durch eine neu aufgetretene Konsolidierung in einer Thoraxbildgebung gesichert!

Labordiagnostik

In der ambulanten Praxis können Entzündungsparameter (CRP, PCT) ggf. als Entscheidungshilfe herangezogen werden, um über eine Antibiotikatherapie zu entscheiden!

Mikrobiologische Diagnostik

Multiplex-PCRs aus respiratorischem Material zum gleichzeitigen Nachweis vieler verschiedener Erreger sollen nicht routinemäßig eingesetzt werden!

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Patientenstratifizierungtoggle arrow icon

Nach funktionellem Status

Einteilung nach funktionellem Status bei CAP

CAP-Gruppe

Definition Therapieziel
CAP-Gruppe 1a
  • Mind. ausreichende Funktionalität: Bettlägerigkeit <50% des Tages
CAP-Gruppe 1b
  • NHAP und/oder
  • Schlechte Funktionalität: Bettlägerigkeit ≥50% des Tages
CAP-Gruppe 2

Nach Schweregrad

  • Primär: Klinische Einschätzung anhand von Symptomatik, Vitalparametern, Laborwerten (inkl. Sepsiszeichen) und Bildgebungsbefund
  • Zusätzlich: Anwendung von Scores zur Letalitätsprädiktion

Für die Risikostratifizierung der Patient:innen und die entsprechende Therapieauswahl ist die klinische Einschätzung zentral! Die aufgeführten Scores sollen die Entscheidungsfindung zusätzlich unterstützen!

CRB-65-Score

  • Ziel: Identifikation von Personen mit geringem Letalitätsrisiko
  • Vorteil: Unkompliziert und ambulant anwendbar
  • Limitationen: Eingeschränkte Aussagekraft bei älteren und/oder vorerkrankten Personen sowie Pflegeheimbewohner:innen
  • CURB-65-Score: Zusätzlich Serumharnstoff (U = Urea) >7 mmol/L (>19 mg/dL)
CAP - Schweregradbeurteilung anhand des CRB-65-Scores
Akronym

Kriterium (je 1 Punkt)

C: Confusion
R: Respiratory Rate
B: Blood Pressure
65: ≥65 Years of Age
  • Alter ≥65 Jahre
Interpretation [17]
Punkte

Letalitätsrisiko

Schweregrad Therapiesetting
0

<1%

Leicht Ambulant
1–2

6–13%

Mittelschwer Stationär
3 33–36% Schwer

Intensivstationär (Notfall!)

Modifizierter ATS-Score [18]

CAP - Schweregradbeurteilung anhand des ATS-Scores

Leichte Pneumonie

Mittelschwere Pneumonie Schwere Pneumonie
ATS-Score
  • 0 Kriterien
  • 1–2 Minor-Kriterien
  • ≥1 Major-Kriterium oder >2 Minor-Kriterien
Zusätzliche Kriterien

Die CAP mit septischem Schock oder Beatmungsindikation ist ein akuter Notfall!

Wahl des Therapiesettings

Bei ambulanter Vorstellung

  • Voraussetzungen für ambulante Behandlung der CAP
    • CRB-65-Score: 0 Punkte (oder 1 Punkt wegen Alter ≥65 Jahre)
    • Zusätzlich immer: Ausschluss von
      • Sauerstoffpflichtigkeit/Hypoxämie und
      • Instabilen Komorbiditäten und
      • Komplikationen (z. B. Pleuraerguss) und
      • Sozialen Faktoren (z. B. keine häusliche Versorgung)
    • Zusätzlich bei CAP-Gruppe 1b
      • Ärztliche Reevaluation nach 48–72 h gesichert und
      • Zuverlässige Medikamentengabe/-einnahme gesichert (inkl. möglicher initialer intravenösen Gabe) und
      • Sauerstoffgabe häuslich möglich
    • Zusätzlich bei CAP-Gruppe 2: Ambulante palliativmedizinische Versorgung gesichert
  • Indikation für stationäre Behandlung der CAP
    • CRB-65-Score: ≥1 Punkt und ≥1 der folgenden Kriterien
      • Sauerstoffpflichtigkeit/Hypoxämie
      • Instabile Komorbiditäten
      • Komplikationen (z. B. Pleuraerguss)
      • Soziale Faktoren (z. B. keine häusliche Versorgung)

Jede mittelschwere CAP (CRB-65-Score ≥1) wird stationär behandelt! Ambulant behandelte CAP-Patient:innen sollen nach 48–72 h erneut ärztlich auf ein Therapieansprechen untersucht werden!

Bei Vorstellung in der Notaufnahme

Bei Vorstellung in der Notaufnahme ist die Wahl des Therapiesettings abhängig vom Schweregrad bei CAP!

In den ersten 72 h nach Aufnahme ist das Risiko für eine akute Organdysfunktionen am höchsten. Eine regelmäßige Reevaluation ist daher bis zur klinischen Stabilität essenziell!

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Therapietoggle arrow icon

Grundsätze der antibiotischen Therapie

Die Antibiotikagabe soll bei leichter bis mittelschwerer CAP 5 Tage andauern, bei schwerer CAP 7 Tage. Sie soll frühestens 2 Tage nach klinischer Besserung beendet werden! [1]

Bei der ambulant erworbenen Pneumonie sollen Antibiotic-Stewardship-Programme zum Einsatz kommen!

Weitere Therapiemaßnahmen

Management bei schwerer ambulant erworbener Pneumonie [8]

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Kalkulierte antiinfektive Therapietoggle arrow icon

Antibiotische Therapie

Ambulant erworbene Pneumonie – kalkulierte Antibiotikatherapie [1]
Schweregrad 1. Wahl Bei Penicillinallergie
Leicht [1] Ohne Komorbidität
Mit ≥1 stabiler Komorbidität
Mittelschwer [1]
Schwer [1]
Sonderfall Retentionspneumonie: Aminopenicillin/β-Lactamase-Inhibitor

Besonderheiten der Antibiotikaklassen

Azithromycin führt insb. bei älteren Personen seltener zu Nebenwirkungen als andere Makrolide und sollte daher bevorzugt eingesetzt werden!

Cephalosporine sollten bei CAP nicht oral verabreicht werden, da sie in dieser Form häufig keinen ausreichenden Wirkspiegel erreichen und die Selektion von MRGN und Clostridien begünstigen!

Fluorchinolone sollten aufgrund ihres ungünstigen Nebenwirkungsprofils bei CAP zurückhaltend eingesetzt werden!

Therapie bei V.a. CAP durch MRE

Da MRE bei CAP sehr selten (<1%) sind, müssen sie durch die kalkulierte Antibiotikatherapie nicht regelhaft abgedeckt werden!

Antivirale Therapie [1][8]

Auch bei Influenza-Nachweis soll aufgrund des Risikos einer bakteriellen Ko- oder Superinfektion zusätzlich zur antiviralen auch eine kalkulierte Antibiotikatherapie eingeleitet werden!

Bei Pneumonie unter Immunsuppression [14]

Indikationen zur kalkulierten Therapie gegen spezielle Erreger

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Therapiereevaluationtoggle arrow icon

Eine vorzeitige CRP-Kontrolle kann konstant erhöhte oder gar ansteigende Werte zeigen. Die Leukozytenzahl ist unspezifischer, fällt jedoch schneller ab! Die Werte sind stets im Kontext der klinischen Symptomatik zu beurteilen!

In den ersten 72 h nach Aufnahme ist das Risiko für akute Organdysfunktionen am höchsten. Eine regelmäßige Reevaluation ist daher bis zur klinischen Stabilität essenziell.

Therapieversagen

Bei V.a. CAP mit Therapieversagen sollten Erregerdiagnostik und Bildgebung wiederholt/erweitert werden!

Bei der kurzfristigen Verlaufskontrolle im Röntgen-Thorax dürfen progrediente Konsolidierungen nur dann als Pneumonieprogress gewertet werden, wenn sich parallel auch der klinische Zustand verschlechtert hat!

Therapieanpassung bei progredienter Pneumonie

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Sonderform: Aspirationspneumonietoggle arrow icon

Definition

Pathophysiologie

  • Unzureichende Schutzreflexe Aspirationsrisiko
  • Aspiration → Mechanische oder chemische Beeinträchtigung der Alveolaroberfläche
    • Direkte Verlegung: Größere Mengen Flüssigkeit → Kompromittierung des Gasaustausches → Oxygenierung↓
    • Chemische Reizung: Saurer Mageninhalt → Chemische Pneumonitis → Ggf. bakterielle Superinfektion

Ätiologie

Symptomatik

Akutdiagnostik bei Aspiration

  • Mikrobiologische Untersuchung des Bronchialsekrets
  • Engmaschige Verlaufskontrollen per Röntgen-Thorax auf Komplikationen der Aspiration
    • Lokalisation: Abhängig von der Lage der Patient:innen bei Aspiration [24]
      • Liegende Person: Posteriore Segmente der Oberlappen, apikale Segmente der Unterlappen
      • Sitzende Person: Basale Segmente der Unterlappen (insb. rechts)

Therapie der Aspirationspneumonie [1][25]

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Prognosetoggle arrow icon

  • Ausheilungszeit: 2–16 Wochen (nach schweren Verläufen z.T. keine vollständige Regeneration möglich)
  • Stationäre Aufenthaltsdauer[4]
    • 47% 1–7 d
    • 34% 8–14 d
    • 10% 15–21 d
  • Krankenhausletalität: ∼14–19% [2][3][4]

Die ambulant erworbene Pneumonie hat eine 30-Tages-Mortalität von 23%! [3]

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • Siehe Pneumonie - Kodierung nach ICD
    • Zusätzliche Schlüsselnummer U69.04!: Anderenorts klassifizierte, im Krankenhaus erworbene Pneumonie, die entweder bei Aufnahme besteht oder innerhalb von 48 h nach Aufnahme auftritt

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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